Bericht von der DEG Jahreskonferenz 2024 in Neustadt/Orla

Eröffnung der DEG-Jahrestagung 2024 – 75-jähriges Vereinsjubiläum

Liebe Sabine, liebes Museumsteam, liebe Exlibris-Freundinnen und -Freunde,
wir freuen uns, die diesjährige Jahrestagung der Deutschen Exlibris-Gesellschaft hier im schönen Neustadt an der Orla abhalten zu dürfen und sagen schon jetzt den Organisatorinnen vor Ort, Sabine Schemmrich und ihrem Team, ganz herzlichen Dank für ihre Arbeit, und darüber hinaus auch allen anderen, die in vielfältigster Weise zum Gelingen der Tagung beitragen.
Es ist eine ganz besondere Tagung, denn in diesem Jahr 2024 begehen wir unser 75-jähriges Vereinsjubiläum!
Als der alte Deutsche Exlibris-Verein mit der Bombardierung Berlins 1943 unterging, kam die organisierte deutsche Exlibris-Bewegung zwangsläufig zum Stillstand, wenngleich die Löschung aus dem Vereinsregister erst 1954 vorgenommen wurde.
Aber schon 1947/48 gab es neuerliche Tauschkontakte zwischen den Großsammlern Heinrich Graf, Arthur Bräuer, Hanns Heeren, Hans Laut und Veit Bauer (Stichwort Bauer-Katalog).
Und bereits seit 1946 traf sich in Frankfurt am Main eine Sammlergruppe um den Chemiker bei den Farbwerken Höchst Willy Tropp, die irgendwann 1949 einen Aufruf verfasste und darin konstatierte, dass der alte Deutsche Exlibris-Verein zu Berlin seine Tätigkeiten während des 2. Weltkrieges einstellen musste. Dass man sich nach dem Krieg in Deutschland erstmal politisch und wirtschaftlich neu aufstellen musste, dass sich dann aber langsam auch wieder neues kulturelles Leben entwickelte und sich in diesem Kontext auch die Exlibris-Sammler neu in Position brachten.
Es gab noch und wieder Sammler und auch Künstler, wie Erler, Frank, Geiger, Kubin, Philipp, Rehn und andere, die bereits manche neuen Blätter gemacht hatten.
Und es gab auch wieder Kontakte zu ausländischen Sammlern.
Und so stellte man einen „Vorbereitenden Ausschuss“ zusammen und schlüpfte zunächst unter das Dach der „Deutschen Gesellschaft für Staats- und Privatmarkenkunde“, die im Juli 1949 ihre Lizenz zurückerhalten hatte und bei einer Neuordnung eine Untergruppe für Buchmarken oder Exlibris einrichtete.
Am 15. Oktober 1949 traf man sich dann in der Schloss-Schänke zu Frankfurt am Main-Höchst und gründete dort die Deutsche Exlibris-Gesellschaft, die sich von Anfang an als legitime Nachfolgerin des alten Deutschen-Exlibris-Vereins zu Berlin verstand. Erster Vorsitzender wurde damals Willy Tropp, sein Stellvertreter Hanns Heeren.
Unmittelbar nach der Gründung erschien ein erstes vierseitiges Mitteilungsblatt, das auch eine erste Tauschliste enthielt, in der 71 Sammler Exlibris und andere Kleingrafiken von 167 verschiedenen Künstlern anboten. Und schon 1 Jahr später, 1950 erschien das erste Jahrbuch der neuen Gesellschaft, das war noch als Zeitschrift tituliert.
Das Ergebnis dieser Mühen war, dass sich die Mitgliederzahl innerhalb von 8 Monaten verdoppelte.
1951 hatte der Verein dann schon 178 Mitglieder, 1958 > 240. Erst in den 1980-er Jahren wurde die 300-er Marke überschritten. Mitte der 90-er erreichte die DEG ihre Höchstmarke von rund 500 Mitgliedern. Heute haben wir noch knapp 300 Mitglieder.
[…]
Die ersten 9 Jahrestagungen der DEG seit 1950 fanden jeweils in Frankfurt-Höchst statt (1956 war das zugleich ein sogenannter Europäischer Exlibris-Kongress). 1959 traf man sich in Offenbach und 1960, 1963 und ´64 in Mainz.
´61 war man in Köln und ´62 in Paris (anlässlich des dortigen Europäischen Kongresses). 1961 fand der Europäische Kongress übrigens in Leipzig statt. Erst ab 1966 nannte er sich Internationaler Exlibris-Kongress.
Also: 9-mal Höchst, einmal Offenbach und 3-mal Mainz: Das heißt in diesen ersten 15 Vereinsjahren fand die DEG-Jahrestagung allein 13-mal in Frankfurt
oder in der Umgebung von Frankfurt statt. Frankfurt war also in den ersten anderthalb Jahrzehnten des Vereins der Mittelpunkt von Exlibris-Deutschland und hatte so Berlin abgelöst.
Und Ihr hier in der Umgebung von Schloss Burgk seid, was die Anzahl der DEG-Jahrestagungen anbelangt, am nächsten dran. Denn immerhin ist es jetzt das sechste Mal, dass wir uns hier in Nordthüringen treffen, 1995 in Saalburg, 2007, 2008, 2013, 2018 in Wurzbach, und eben 2024 in Neustadt an der Orla. Ihr seid also Frankfurt am Main, was das anbelangt, auf den Fersen.
Bis 1984 fanden die Tagungen übrigens meistens im September/Oktober statt,
in örtlicher und zeitlicher Nähe zur Frankfurter Buchmesse, denn viele Exlibris-Sammler waren gleichzeitig Büchersammler, die dann, einmal in die Nähe angereist, auch die Buchmesse besuchen konnten. Erst ab 1985 wurden die Treffen ins Frühjahr verlegt, in den April oder Mai.
Für unsere Tagung 2024 haben sich […] 85 Teilnehmer aus 16 Ländern angemeldet. Sammler und Sammlerinnen, Künstler und Künstlerinnen, Interessierte und andere Gäste.
Dass, wie eigentlich immer, so viele Gäste aus dem Ausland gekommen sind,
unterstreicht erneut eindrucksvoll, wie international unsere Bewegung ausgerichtet ist.
Dazu will ich noch eine kleine Randnotiz vom 4. Europäischen Exlibris-Kongress 1956, das war in Frankfurt am Main-Höchst, erzählen.
Am 14. Juli, Samstag-Mittag, trafen sich die festlich gestimmten Kongress-Teilnehmer zu einem Festessen im Höchster Hof, das wurde vom deutschen Organisationsteam ausgerichtet.
Im Kongress-Bericht, den Toni Hofer aus Österreich schrieb,
heißt es dazu: „Da gab es einige festliche Toaste, insbesondere des Seniors der Teilnehmer Dr. Koebner. Und unerwartet erklang plötzlich zu Ehren der Teilnehmer die Marseillaise [also die französische Nationalhymne] – ist doch der 14. Juli der französische Nationalfeiertag. Diese kleine Aufmerksamkeit wurde von allen anwesenden Franzosen dankbar quittiert.“
Und es waren einige Franzosen anwesend, v. a. aus Nancy und Rouen, also aus Lothringen und aus der Normandie.
Der Zweite Weltkrieg war gerade mal 11 Jahre vorüber, die Deutschen und die Franzosen, nicht zuletzt aus dem Norden Frankreichs, waren buchstäblich Todfeinde gewesen. Und auf diesem Exlibriskongress gab es diese bemerkenswerte Versöhnungsgeste.
Wir werden hier keine Nationalhymne singen, das machen wir heute nicht mehr, aber dass wir uns hier als internationale Interessens-Gemeinschaft zusammen gefunden haben, und hier sind Teilnehmer aus Russland, Belarus und der Ukraine, ebenso wie aus Ungarn, Finnland oder auch Frankreich oder China, dass wir zusammen gekommen sind, um Kulturgüter zu pflegen, zu tauschen, auch zu kaufen und zu verkaufen, Exlibris-Aufträge zu vereinbaren,
neue Sammlungsinteressen zu entdecken, die eigenen Sammlungen weiter aufzubauen, persönliche Kontakte zu vertiefen oder neu zu knüpfen, das zeigt doch wirklich – gerade in Zeiten wie diesen, mit Kriegen, Toten, Verletzten, Flüchtlingen, Verwüstungen – das zeigt doch geradezu beispielhaft so etwas wie Völkerverständigung.
Es gibt aber noch einen weiteren wichtigen Anlass für uns, die Jahrestagung 2024 an diesem Ort abzuhalten, und das ist der Umzug des DEG-Archivs von Mönchengladbach nach Schloss Burgk im Sommer des letzten Jahres.
Wir sind sehr dankbar, dass es Sabine Schemmrich und ihr Team in großen Kraftakten, begleitet von diversen Umbaumaßnahmen, ermöglicht haben, dass wir in die ehemaligen Räume der Schlossbibliothek im Torhaus einziehen durften […].
Wir freuen uns und sind stolz, nunmehr auch Teil dieses bedeutenden Exlibriszentrums Schloss Burgk zu sein, immerhin hat ja auch Klaus Rödel
mehrere große dänische Exlibris-Sammlungen und seine eigene riesige Exlibris-Bibliothek, vermutlich die größte Exlibris-Bibliothek der Welt, die sich in privater Hand befand, Schloss Burgk übergeben.
Die Tagung ist deshalb gewissermaßen auch als etwas späte Einweihungsveranstaltung in Bezug auf die Um- bzw. Einzüge zu verstehen. Wir werden am Samstag Gelegenheit haben, auf Schloss Burgk die für uns neuen Räumlichkeiten zu besichtigen […].

Und damit sei die DEG-Jahrestagung 2024 eröffnet.

(Eröffnungsrede der DEG-Jubiläumstagung, gehalten von Dr. Henry Tauber am 25. April 2024)

Konferenzbericht von der Jahrestagung der DEG in Neustadt an der Orla und Schloss Burgk

Ein dankbarer Rückblick
Die Organisation der diesjährigen Tagung lag in den bewährten Händen von Frau Sabine Schemmrich und ihrem Team, ist es doch bereits das sechste Mal, dass eine Jahrestagung in der dortigen Region von ihr organisiert wurde. Schon im Vorfeld konnten daher die mehr als 80 Teilnehmer auf einen reibungslosen Ablauf vertrauen. Doch unsere Erwartungen wurden mehr als übertroffen. Schon die Auswahl des Tagungsortes erwies sich als Glücksgriff. Die Neustädter, die das Kulturprogramm mit Leben füllen sollten, standen mit vollem Herzen hinter dieser Aufgabe.
Als Räumlichkeit für die eigentliche Tagung war der Augustinersaal des alten Eremitenklosters ausgewählt worden, der sich als sehr geeignet und ausreichend groß für die Tauschaktivitäten erwies.
Erster Programmpunkt war die Besichtigung des Lutherhauses, das entgegen der gängigen Überlieferung eigentlich ein Bürgerhaus ist, dessen älteste Teile aus dem 15. Jh. stammen. An ihm erhielten wir fachkundigen Anschauungsunterricht in Bautechnik und Forschungs- und Renovierungskunst. In unmittelbarer Nähe wurde unsere Gruppe schon im Stadtmuseum erwartet, wo uns die Leiterin in eine vollständig ausgerüstete alte Druckerwerkstatt führte. Es fanden sich dort nicht nur die alten, noch heute betriebsbereiten Setz-, Druck- und Schneidemaschinen, es standen auch qualifizierte Setzer und Drucker bereit, die uns ihr altes Handwerk zu unserer Begeisterung demonstrierten. Wir mussten uns losreißen, um nicht den Besuch der Johanniskirche, auch diese nur wenige Schritte entfernt, zu verpassen, wo der Cranach-Alter seit 1513 noch an seinem ursprünglichen Platz steht. Auch hier fehlte es nicht an willkommener, hoch anspruchsvoller Wissensvermittlung.
Nachmittags machten wir uns zur Arnshaugk-Kapelle auf, die auf geschichtsträchtigem Grund steht und die Rettung vor der Abrissbirne nur einer privaten Initiative verdankt und aktuell große Herausforderungen an die Konservatoren und Historiker stellt. In diesem Raum war eine Exlibrisausstellung gehängt, die ausschließlich Thüringischen Künstlern vorbehalten war. Dass es sich bei den Eignernamen auf einigen Blättern um Mitglieder der DEG handelt, zeigt das Zusammenwachsen der Sammler mit dem Exlibrismuseum in Schloss Burgk, und beweist gleichzeitig, dass die dortige Sammlung lebt. Diesen Anspruch formulierte Frau Schemmrich mehrfach bei ihren Begrüßungen, zuletzt bei Ihrem Willkommen zu unserem Festabend auf dem Schloss. Da das Archiv der DEG nunmehr unter einem Dach mit der Burgkschen Sammlung und dem Neuzugang der Sammlung Rödel untergebracht ist, erhoffen wir uns aus dieser Symbiose auch eine Belebung unserer Sammlung, die nach einer große Sorge bereitenden Odyssee jetzt ihre endgültige Heimstatt gefunden hat.
Mit der Führung durch das Schloss und Besichtigung der Exlibrisausstellung „Mindestalter 500 Jahre – Burgen im Exlibris“, die wiederum ein Zeichen des Reichtums und der Vitalität der Burgker Sammlung setzte, strebte die Tagung ihrem Höhepunkt zu. In dem Ambiente der barock ausgestalteten Schlosskapelle und nach einer festlichen Einführung durch Frau Schemmrich gab der Präsident Dr. Tauber die Verleihung der Walter-von-Zur Westen-Medaille 2024 an Frau Dr. Kornélia Vasné-Tóth wegen ihrer Verdienste um das Exlibris in ihrem Heimatland Ungarn bekannt.
Danach erfolgten die Preisverleihungen an die KünstlerInnen des Exlibriswettbewerbs:
Jurypreis Rang 1: Regina Franke
Jurypreis Rang 2: Konstantin Kalynovich
Jurypreis Rang 3: Norbert Salzwedel
Publikumspreis – Bestes Exlibris:
stimmengleich an Lembit Löhmus für Klaus-Jürgen Tischer und Silvana Martignoni für Wolfgang Hönle
Publikumspreis – Beste Kleingrafik:
stimmengleich an Igor Baranov und Andreas Raub
Daran schloss sich die Ehrung von langjährigen Mitgliedern des Vereins an:
50 Jahre – Helga Lange
40 Jahre – Evelyn Dünstl-Walter und Heinrich R. Scheffer
Der Festakt fand seinen stilvollen Abschluss mit einem Vortrag auf der historischen Silbermann-Orgel eines nicht benannten Werks des Organisten, Komponisten und Musiktheoretikers Georg Andreas Sorge (1703–1778) und einem weiteren unbekannten Werk.
Danach erwarteten die Teilnehmer im Schlosshof ein Sektumtrunk und ein opulentes, rustikales kaltes und warmes Buffet, bevor der Aufbruch unweigerlich vollzogen werden musste.
Allen, denen die Last der Organisation aufgebürdet wurde, danken begeisterte und zufriedene Tagungsteilnehmer.
(Anne Büsing)

Wettbewerb

Die Ergebnisse und Grafiken des Wettbewerbs befinden sich in einem separaten Beitrag.

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