Anne Büsing und Heide Haarländer: Exlibris aus der Universitätsbibliothek Rostock

Nach dem schönen Buch über die Exlibris von Alumnen der Universität Rostock aus dem Jahr 2017 legen die Autorinnen nun ein zweites Werk vor, in dem hundert Exlibris aus der Universität Rostock vorgestellt werden. Dazu wird jedem – auch dem kleinsten – Exlibris auf der linken Seite (sofern die Fülle des recherchierten Materials das zulässt) eine ganze Seite für eine Abbildung eingeräumt, auf der gegenüberliegenden rechten Seite findet sich das dazugehörige umfangreiche Formblatt, in dem alle exlibrisrelevanten, aber auch bibliotheksspezifischen Rechercheergebnisse zusammengetragen worden sind. Das Formblatt geht detailliert auf die jeweiligen Eigner und Eignerinnen ein (mit Lebensdaten, genaueren Angaben zu Herkunft, Ausbildung, Lebens- und Berufsweg und Nachweisen). Mithilfe derselben Kriterien werden Künstler und Künstlerinnen vorgestellt. Natürlich erfährt auch das Exlibris selbst eine genaue Beschreibung (Technik, Maße, Nachweise u.a.). Es folgen bibliografische Hinweise zum Buch, das dieses Exlibris schmückt, sowie zu Provenienzmerkmalen (meist Exlibrisstempel oder Namenseinträge von Vorbesitzern, die dann auch noch abgebildet sind). Dass das informative Buch dann mit 217 Seiten mehr als die hundert Doppelseiten umfasst, liegt an den dankenswerterweise mitgegebenen Registerseiten und dem Literatur- und Quellenverzeichnis.
Die vorgestellten Exlibris haben teilweise heute noch bekannte und bedeutende Personen bzw. Bibliotheken als Eigner. Auch unter den Künstlerinnen und Künstler tauchen in Exlibriskreisen bekannte Namen auf; manche bislang unbekannte Zuordnung konnte vorgenommen werden. Immerhin ein Drittel der von den Autorinnen ausgewählten Exlibris konnte trotz aller Bemühungen noch nicht abschließend identifiziert werden. Dieses Schicksal teilen sie mit vielen Buchzeichen, vor allem mit den schlichten Gebrauchsexlibris früherer Zeiten, da das größte Interesse und somit auch die meisten Exlibrisbeiträge der Erforschung der bis heute in Sammlerkreisen begehrten Blätter bekannter Künstlerinnen und Künstler oder Eignerinnen und Eigner gelten.
Für das Buchcover wurde – und das spiegelt die Einstellung zur Forschung der Autorinnen sehr gut wider – ein recht bescheidenes Universalexlibris gewählt. So wird gezeigt, dass das Interesse von wissenschaftlichen Forschungsprojekten mit konkreten Zielsetzungen sich doch stark unterscheiden kann vom Exlibris-Sammeln, wo gerne das seltenste, schönste (teuerste?) Blatt besonders geschätzt wird. Man sieht auf dem Einband einen nachdenklichen Leser; sein Bild wird umrahmt von dem Motto: „Willst Freund du sein, lies dich rein“ und einem Laubkreis. Man erfährt durch das Formblatt, das diesem Exlibris zugeordnet wurde, dass der Künstler ein Dilettant namens Richard Wiebel war, über dessen Lebensdaten und Beruf (er hat als Pfarrer in Süddeutschland gearbeitet) man ebenfalls informiert wird. Immerhin hat es der kunstliebende Pfarrer von Irsee 1903 einmal zu einer Erwähnung in einen Aufsatz von Graf zu Leiningen-Westerburg mit dem Titel Aus Dillettantenkreisen gebracht. Dieser Tatsache verdankt er, dass diesem kleinen Blatt im Unterschied zu so vielen anderen doch noch sein Name zugeordnet werden konnte. Es befindet sich in einem Sachbuch zur Geburtshilfe und hat – so die Provenienzmerkmale – einst einem Professor der Medizin/Gynäkologie der Universität Rostock, später der in Rostock ansässigen Großherzoglichen Universitäts-Frauenklinik und Hebammenschule gehört, bevor es in den Bestand der Universitätsbibliothek gelangte. Sein Weg war im Vergleich zu dem vieler anderer der vorgestellten Bücher nicht weit. Für alle gilt: Habent sua fata libelli.
Die Liebe zum Exlibris der beiden Autorinnen zeigt sich auch in ihren Dankesworten an alle, die vor ihnen an den ausgewählten Exlibris gearbeitet haben oder die ihnen jetzt zugearbeitet haben. Ihre Arbeit sehen sie, wie oben schon angesprochen, im Zusammenhang mit der Provenienzforschung, in deren Rahmen ja bekanntlich auch die Bedeutung der Exlibris sehr gewachsen ist, insbesondere durch ihre Funktion bei Restitutionsbemühungen von Bibliotheken, staatlichen Stellen und privaten Eignern, um vor allem jüdischen Eigentümern ihren in der NS-Zeit geraubten Besitz wiederzugeben.
Hoffentlich wird die Arbeit der gewissenhaften Exlibrisforscherinnen fortgesetzt; die Universität Rostock und Exlibrisinteressierte werden es ihnen danken.
Anne Büsing und Heide Haarländer: Exlibris aus der Universitätsbibliothek Rostock, HG.: Antje Theise, Veröffentlichungen der Universitätsbibliothek Rostock 151, Rostock: Universitätsbibliothek 2023, ISBN 978-3-86009-543-0. Das Buch können Sie ausschließlich im Netz anschauen, lesen und sich daran erfreuen: https://doi.org/10.18453/rosdok_id00004014
Ulrike Ladnar

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen