Zum 150. Geburtstag des Worpsweder Künstlers Heinrich Vogeler wurde unter der Schirmherrschaft der Deutschen Exlibris-Gesellschaft (DEG) und der Heinrich-Vogeler-Gesellschaft (HVG) sowie mit Unterstützung der Heinrich Vogeler Stiftung Haus im Schluh Worpswede ein Exlibris- und Kleingrafik-Wettbewerb ausgeschrieben und durchgeführt.
Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt waren aufgerufen sich mit grafischen Arbeiten dem Leben und Werk des Geburtstagskindes zu widmen. Der Zuspruch zu diesem Wettbewerb war groß. Es wurden 100 Arbeiten von 72 Künstlerinnen und Künstlern aus 13 Ländern eingereicht.
In einer großen Bandbreite grafischer Techniken und Stile präsentieren die Arbeiten jeweils individuelle Auseinandersetzung mit dem Leben und Werk von Heinrich Vogeler. Die jüngste Künstlerin mit 18 Jahren kommt aus Kasachstan, und der älteste Teilnehmer ist 88 Jahre und wohnt in der Nähe von Leipzig.
Die meisten Grafiken wurden aus Deutschland eingereicht, stark vertreten sind auch Künstlerinnen und Künstler aus Italien. Uns erreichten auch Grafiken aus den U.S.A., aus Norwegen, aus Russland, der Ukraine oder der Türkei, um nur einige Länder zu nennen. Vielleicht kann es ein Friedens-zeichen sein, wenn Künstlerinnen und Künstler aus der Ukraine und Russland sich gemeinsam dem Werk Heinrich Vogelers widmen. Eine italienische Grafikerin bezieht sich dazu in ihrer Radierung direkt auf Vogelers Friedens-brief.
In Kasachstan befasste sich eine Studierendengruppe einer Hochschule für Grafikdesign mit Heinrich Vogeler und lieferte gleich eine ganze Serie von Kleingrafiken. Die betreuende Dozentin schrieb dazu: „Ja, die Studenten und
ich haben die Biografie von Heinrich Vogeler gelesen. Wir waren traurig über sein schweres Schicksal und die Tatsache, dass er weit weg von seiner Heimat in Kasachstan starb. Wir studierten seine Arbeit und sahen sein Talent und Können. Wir sind froh, dass wir durch Freunde von dieser Ausstellung erfahren haben und teilnehmen konnten.“
Erfreulich ist die große Anzahl von Grafiken, die in traditionellen Druck-verfahren gefertigt wurden, die auch zu Zeiten Vogelers genutzt wurden. Durchgängig war bei den eingereichten Werken eine hohe gestalterische und technische Qualtät zu erkennen, was die Auswahl für die Jury schwierig machte. Sie prämierte aus den ausgewählten Arbeiten drei Grafiken mit Preisen und hob zwei Arbeiten mit einer besonderen Erwähnung hervor.
Der erste Preis ging an die Italienische Künstlerin Marianna Antonacci aus Rom. Ihre Radierung trägt den Titel „Red Aid“ (Abb. 1). Die Jury wählte die Grafik aufgrund ihrer hervorragenden Komposition aus realistischen Darstellungen und Abstraktionen aus. Sie hob die exzellente Technik der Grafik hervor. Das Bild zeigt viele Stationen aus Vogelers Leben: seine musisch-künstlerische Bildung und seine Selbstkarikatur mit Schottenkappe aus seinem Frühwerk. Aus der frühen Zeit sind sein Windhund und der ausgestopfte Papagei zu sehen, der bei Vogeler im Barkenhoff stand. Für die spätere Periode in Vogelers Leben stehen die Kinder aus der Zeit des Barkenhoffs als Kinderheim der Roten Hilfe und das Puppentheater für das Kollektivistentheater in Odessa. Im Hintergrund stellt ein Fensterbild mit Fabrikgebäuden einen Bezug zu seinen Werken in der Sowjetunion her. Alles in allem eine gelungene Gesamtkomposition.
Auch der zweite Preis ging an eine Italienerin: Carla Fusi aus Florenz nimmt in ihrer Radierung Bezug auf Vogelers Friedensbrief an den Kaiser, der in unseren Tagen wieder sehr aktuell ist (Abb. 2). Auf dem Tisch im Vordergrund liegt der gefaltete Brief, von dem die letzten Zeilen lesbar sind, vor der Offiziersmütze des Briefeschreibers. Das Blatt zeigt symbolisch die Veränderungen in Vogelers Leben: Der Friedensbrief an den Kaiser ist eine einschneidende Aktion, die das Leben des Künstlers radikal verändert.
Links im Bild ranken noch die Rosen des Jugendstils. Der Riss in der Wand deutet auf Vogelers Bruch mit dem alten Leben hin. Die romantische nordische Landschaft mit einem reetgedeckten Bauernhaus spiegelt sich in den Scheiben des geöffneten Fensters in der Bildsprache von Vogelers Komplexbildern.
Der dritte Preis wurde der russischen Künstlerin Ekaterina Kuberskaia aus Sankt Petersburg zugesprochen. Die Lithografie zeigt Vogelers Weg vom Romatiker zum Revolutionär (Abb. 3). Der junge Vogeler ist vor roten Fahnen und den aufständischen Matrosen zu sehen.
Besondere Erwähnungen erfuhren die Grafiken von Katarzyna Handzlik und Carsten Heuer (Abb. 4 und 5), die beide, in unterschiedlicher Drucktechnik, den Barkenhoff zum Thema machen.
Die eingereichten grafischen Arbeiten werden in einem Katalog und in zwei Ausstellungen präsentiert. Zu sehen sind die Blätter vom 20. November 2022 bis März 2023 in Worpswede im Haus im Schluh im Rahmen einer Kabinett-ausstellung, in der auch Exlibris-Grafiken von Heinrich Vogeler zu sehen sein werden. Eine weitere Ausstellung der Werke wird es vom 11. bis 14. Mai 2023 in Paderborn im Hotel WELCOME im Rahmen des Jahrestreffens der Deutschen Exlibris-Gesellschaft geben.
(Siegfried Bresler)