Exlibris des Monats August 2021 – Krzysztof Marek Bąk: Dedikationsexlibris für Birkholc, Bronikowski, Jankowski, Ormanowski und Drewek

Exlibris des Monats August 2021

Krzysztof Marek Bąk: Dedikationsexlibris für Birkholc, Bronikowski, Jankowski, Ormanowski und Drewek, 2012, Opus 234

Der Monat August 2021 sollte endlich wieder positive Signale in die Welt senden durch die Olympischen Sommerspiele und die Paralympics in Tokio, die den Zusatz „2020“ tragen, weil sie, wie allgemein bekannt, eigentlich schon 2020 hätten ausgetragen werden sollen. Viele SportlerInnen hatten sich bereits lange zuvor für das weltweit größte und bedeutendste Fest des Sports vorbereitet und sich gefreut, es mit Sportbegeisterten aus der ganzen Welt zu feiern. Aber dann ist wieder alles anders gekommen.

Die seit 776 v. Chr. stattfindenden Spiele waren schon in der Antike nicht nur sportliche, sondern auch politische und kulturelle Großereignisse. In ihrer wechselvollen Geschichte gab es schon viele Abbrüche und Unterbrechungen, einmal sogar über viele Jahrhunderte hinweg, aber noch nie – wie in unseren Tagen – war ihre Absage Folge einer weltweiten Pandemie, die sogar auf die Durchführung im Folgejahr einen erheblichen Einfluss hatte. Denn die Zuschauertribünen in den Stadien werden 2021 leer bleiben müssen, die SportlerInnen und ihre BetreuerInnen werden unter sich bleiben und niemand wird die SiegerInnen oder VerliererInnen freudig, respektive tröstend in den Arm nehmen. 

Das war bei früheren Olympischen Spielen ganz anders, sicher auch 1928 in Amsterdam beim Ruderwettbewerb. Die Reaktionen der Freunde und Verwandten der fünf Sportler Leszek Leon Birkholc, Franciszek Jan Bronikowski, Edmund Bernard Jankowski, Bernard Ormanowski und Bolesław Drewek auf die erste Bronzemedaille, die polnische Ruderer bei Olympischen Spielen geholt haben, werden damals von der enthusiastischen und ansteckenden Freude gekennzeichnet gewesen sein, die man sich bei dem Gedanken an sportliche Großereignisse vorstellt und gerne teilt – wenngleich dies bei der sportlichen Großveranstaltung des letzten Monats, der europäischen Fußballmeisterschaft, schon nicht mehr so ungetrübt empfunden wurde und von vielen sogar ausgesprochen skeptisch und kritisch betrachtet wurde. Aber zurück vom Juli 2021 zum Jahr 1928: Man kann sich gut ausmalen, dass die Medaille damals nicht nur am Austragungsort, sondern auch an vielen Stätten in Polen für ausgelassene Freude – heute würde man von Partys sprechen – gesorgt hat.

Krzysztof Marek Bąk hat in seinem Dedikationsexlibris, das er 2012 für einen Grafik-Wettbewerb hergestellt hat und das zu einer großen Serie gehört, die polnischen Olympiamedaillen-Gewinnern vor dem Zweiten Weltkrieg gewidmet ist, an diese Bronzemedaille erinnert. Die vier Ruderer und ihr Steuermann repräsentieren für ihn ein vorbildliches Sportverständnis, das von kultiviertem Verhalten und fairem Wettbewerb bestimmt ist; man könnte es schlicht als Gentleman-like bezeichnen. Deswegen zieht der Künstler noch heute vor ihnen den Hut. Sehr gekonnt und auf seine typische feinsinnig-intellektuelle Art und Weise bringt Bąk unten auf dem großen Zylinder die Ruder an, die bei dem Erwerb der Medaille geholfen haben, und lässt sie sich leicht auf kleinen Wellen bewegen.

Der auf den ersten Blick unleserliche Text auf dem oberen kleinen roten Textfeld mit weißer Inschrift („EX LIBRIS PRO SUCCESIBUS“) verweist wie der Zylinder auf Bąks Intention, diese Sportler ehrenvoll zu würdigen; angeordnet sind die unvertraut erscheinenden Buchstaben im Übrigen vertikal wie auf einem alten chinesischen Druck und müssen von der linken oberen Ecke aus entziffert werden (wobei Stolpersteine beim Lesen bewusst

eingebaut sind  und das Lesen verzögern, z. B. weil manche Buchstaben als
Groß- und andere als Kleinbuchstaben erscheinen oder weil an einigen Stellen zwei Buchstaben zusammengeschrieben sind wie schon in der ersten vertikalen Reihe nach unten das „l“ und das „i“ zusammen eine Art „U“ zu ergeben scheinen). Das zweite rote Textfeld gibt die Jahreszahl des erinnerten Ereignisses an, und dass auch die Namen der Sieger rot im Bildteil der Grafik aufscheinen, verbindet wie spielerisch-zufällig die drei Textaussagen mit der Bildaussage.

Die fünf Sportler, denen das Exlibris gewidmet worden ist, blieben ihrem Metier noch eine Zeit lang treu, so haben 1929 drei von ihnen (Birkholc, Jankowski und Bronikowski) bei den Europameisterschaften im Vierer ohne Steuermann eine weitere Bronzemedaille erhalten.

Edmund Jankowski hat sich im Übrigen auch außerhalb seines Sports als Vorbild erwiesen: Nach dem deutschen Überfall auf Polen war er aktiv an der Verteidigung Warschaus beteiligt. Er musste dafür mit dem Leben bezahlen, denn er wurde deswegen mit vielen anderen polnischen Zivilisten von der Gestapo hingerichtet.

Abschließend erneut ein schneller Zeitwechsel zurück in die Gegenwart. Die Spiele 2020 finden 2021 zwar statt, und man wird allen AthletInnen wünschen, dass sie sich nach langem und harten Training erfolgreich präsentieren können und sich an ihren Leistungen freuen und ZuschauerInnen an den Bildschirmen erfreuen können, und man wird ihnen auch wünschen, dass sie gesund bleiben – aber ein fröhliches Fest scheinen die Spiele nicht werden zu können. Immerhin besteht für die Paralympics Ende des Monats noch die Hoffnung, dass wieder ZuschauerInnen in den Arenen sein dürfen.

Wie dem auch sei, es wird neue Helden geben in diesem Monat, und wahrscheinlich nicht nur im Bereich des Sports.

Ulrike Ladnar

(geschrieben am Tag vor der offiziellen Eröffnung der Olympischen Spiele)

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